Es war eine frostige Nacht und kalt graut der Morgen. Ich erwache von den ersten Sonnenstrahlen, die über die Bergspitzen stechen. Mir graut es vor dem neuen Tag hier im Tal, das Überleben wird immer schwerer. Das Lagerfeuer ist erloschen und meine Lederrüstung ist steif gefroren. Seit Tagen schon konnte ich kein Wild mehr erlegen. Der Hunger beißt mir in die Eingeweide und ich kann nichts dagegen tun. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich für dieses Leben als Jäger hier weitab der Zivilisation einfach zu alt geworden bin. Das werde ich nicht mehr lange durchhalten können. Die Schmerzen im Rücken und in meinen Beinen am Morgen werden immer unerträglicher. Ich frage mich wieder einmal, wie das alles weitergehen soll. Aber ich muss für Jagd sorgen, meinen alten Weggefährten, der mich schon so viele Jahre begleitet. Ihm macht die Kälte in seinem dicken Winterfell nichts aus, aber auch er ist hungrig. Heute muss es klappen mit der Jagd, sonst sind wir am Ende.
In dem großen Tal Dun Morogh vor der Zwergenstadt Ironforge jage ich schon seit ich denken kann. Hergekommen bin ich aus dem Eisklammtal als junger Zwerg über den Bergpass voller Hoffnung auf ein Leben voller Abenteuer. Im kleinen Weiler Kharanos traf ich damals den Jäger Grif Wildherz, der mir in schillernden Worten vom Beruf des Jägers erzählte und ein abenteuerliches Leben versprach. Ich träumte die folgende Nacht von meinem Leben auf der Jagd und konnte es kaum erwarten, ihn am nächsten Morgen darum zu bitten, mir alles beizubringen, was ich zum Überleben brauchen würde. Dies tat er auch und so freute ich auf das großartige Leben, das mich erwartete.
Ich kann mich noch daran erinnern, als ich das erste Mal einen Schneeleoparden sah. Ich kam durch einen Wald und vor mir öffnete sich eine lichtdurchflutete Lichtung. Die Sonnenstrahlen brachen sich an der eisigen Oberfläche des Bodens und reflektierten das Licht in allen Regenbogenfarben. Plötzlich trat mir gegenüber ein Schneeleopard auf die Lichtung. Sein leuchtend weißes Fell mit den typischen schwarzen Tupfen strahlte regelrecht im gleißenden Sonnenlicht. Er dehnte seine starken Muskeln, fletschte seine Zähne in die Sonne und verharrte, als ob er lauschen würde. Der Wind blies mir ins Gesicht, weshalb er mich nicht wittern konnte. Leise und vorsichtig trat ich zurück unter die dunklen Bäume und beobachtete das phantastische Tier. Der Leopard witterte ein Kaninchen und verfolgte es reglos mit seinen Augen. Als es in seine Nähe kam, sprang er übergangslos mit einem riesigen Satz vor und packte das Kaninchen mit seinen Vorderpranken. Er nahm es mit seinem Maul auf und verschwand eilig zurück in den Wald, wo ich ihn aus den Augen verlor.
Ich wusste sofort, dass ich dieses wunderschöne Tier zähmen wollte. Beim nächsten Treffen mit Grif Wildherz bat ich ihn, mir zu zeigen, wie ich einen Begleiter zähmen könnte. Er brachte mir bald danach die Kunst des Wildtierzähmens bei. Ich brauchte mehrere Versuche, bis ich das Vertrauen dieses scheuen und wilden Tieres errang. Es hatte sich aber jeder Aufwand gelohnt. Nie hatte ich den Wunsch auf ein anderes Tier und einen treueren Gefährten hätte ich nicht bekommen können. Ich nannte ihn Jagd, denn jagen war das, was wir gemeinsam machten. Wir haben die Jagd gemeinsam perfektioniert. Jagd springt selbst die größten Bären an im Vertrauen, dass ich ihm beistehen werde. Damit lenkt er unser Opfer ab und ich kann es mit meiner zuverlässigen alten Donnerbüchse erlegen. So funktionierte unser gemeinsames Jagen immer und tut es noch, jedenfalls wenn wir mal ein Wildtier aufspüren können.
Auch Jagd ist im Laufe der Zeit älter geworden und er liebt es, sich im warmen Sonnenlicht zu räkeln und den ganzen Tag zu verdösen. Leider kann ich ihm aber seine wohlverdiente Ruhe noch nicht gönnen, denn die Jagd hat uns nicht gerade reich gemacht. Wir leben gerade so von der Hand in den Mund, es reicht nicht, um damit aufzuhören.
Das Geld zum Überleben erhalte ich vom Pelzhändler, oben in Ironforge, der gewaltigen Stadt der Zwerge, die von tausenden Zwergen mit Hammer und Meißel direkt in den Berg geschlagen wurde. Damals wimmelte es hier von Zwergen und das Zwergenvolk wurde immer mehr und stärker. In meinen jüngeren Jahren, als hier das Leben noch pulsierte und uns noch kein Pakt mit der Allianz zwang, für die Allianz in fernen Ländern kämpfen zu müssen, hatte ich eine Zeitlang am Bau der Untergrundbahn nach Stormwind mitgearbeitet. Da gab es gutes Geld, das ich mit meinen Kumpels in der Steinfeuertaverne in Ironforge versaufen konnte. Aber gebaut wird hier schon lange nichts mehr und auch sonst gibt’s nicht mehr viel zu tun. Es wird auch nichts mehr abgebaut, die Gold- und Diamantlager im Berg sind leer. Die Zwerge werden immer weniger, es sieht so aus, als übernähmen bald die Menschen die Stadt. In Ironforge zählt nur noch der Handel mit der Menschenstadt Stormwind und das Geld das die Menschen damit verdienen. Die jungen Zwerge verdingen sich in die Armee der Allianz und kämpfen überall in der Welt, zurück kommen nur die wenigsten. Stück für Stück stirbt das alte Handwerk aus. Für uns Alte bleibt da nicht viel anderes übrig als der Pelzhandel, ein wenig Bergbau und die Hoffnung, dass es doch noch irgendwann besser wird.
Es gibt kaum noch Wildtiere im Tal, weshalb ich selten nach Ironforge komme, der Stadt, die sie heute Eisenschmiede nennen. Geldstadt wäre wohl das bessere Wort. Ich fühle mich dort auch nicht mehr wohl. Früher war Ironforge ein schöner Ort, da trafen sich die Jäger und Krieger in den Kneipen und tranken auf die Zeiten, die da kommen würden. Unser Donnerbier war berühmt und von weither kamen die Abenteurer um die epischen Geschichten der Abenteuer unserer berühmtesten Zwerge zu hören. Heute leben hier die piekfeinen Magier, eleganten Alchemisten und protzigen Geldsäcke, die hochnäsig auf uns einfache Jäger herabschauen und mit ihrem Geld klimpern. Wohnen in Ironforge kann sich ein einfacher Jäger ohnehin nicht mehr leisten.
Bei meinem letzten Besuch in der Steinfeuertaverne direkt neben dem Auktionshaus, meiner früheren Stammkneipe, habe ich aufgeschnappt, wie junge Krieger von dem Land Loch Modan im Osten von Dun Morogh gesprochen haben. Einem Land, in dem die Sonne viel wärmer scheinen und das Geld noch auf der Straße liegen soll. Dort gibt es keinen Schnee und keinen Sturm, dafür reichlich Sonne und warme Nächte, Wild im Überfluss und ein sagenhaftes Gasthaus, in dem das beste Bier in Strömen fließt und der fetteste Braten auf dem Tisch steht, den man sich vorstellen kann. Grüne Wiesen und ein großer See voller fetter Fische, das hört sich an wie ein Traum. Sollte ich es noch einmal wagen und in ein neues Land ziehen? Was hätte ich hier zu verlieren, die kalten Nächte bringen mich doch sowieso bald um. Der Gedanke lässt mich nicht mehr los. Aber der Weg in dieses neue Land ist schwierig und noch unerforscht. Wer das überstehen will, braucht eine gute Ausrüstung. Insbesondere meine alte Donnerbüchse müsste ich durch eines der neuen Gewehre ersetzen. Dazu fehlt mir aber noch das Geld.
Ich muss dann wohl noch einige Kontrakte hier im Tal erfüllen. Der Gastwirt der Brauerei Donnerbräu in Kharanos hat von einem neuen Bier gehört, dass fantastisch schmecken soll. Der erste, der es ihm bringt, soll mit einigen Münzen belohnt werden. Bei der Gelegenheit könnte ich ihm auch gleich noch frisches Bärenfleisch liefern. Auch der Lieferung von Werkzeug an die Gnome von Gnomeregan lassen sich ein paar Münzen verdienen. Ich darf mich nur nicht von den Wendigos erwischen lassen. Auf dem Weg zu dem neuen Bier muss ich aufpassen, dem Volk der Frostmähnen nicht in die Quere zu kommen. Die haben seit meinem letzten Besuch noch eine Rechnung mit mir offen.
Daher habe ich dieses Mal den kleinen Umweg über den Eiswellensee genommen und habe bei Rejold Gerstenbräu nach seinem Bier gefragt. Ich kam leider zu spät, das Bier ist schon auf dem Weg nach Kharanos – vielleicht hätte ich doch den gefährlicheren aber direkten Weg vorbei an den Wendigos und den Frostmähnen nehmen sollen. Ich bin mal wieder auf dem Tiefpunkt. So wird das nichts, ich werde nun Alles wagen. Ich will nicht länger warten, und mache mich sofort auf den Weg in das Gelobte Land. Meine alte Donnerbüchse hat bisher immer funktioniert und sie wird diesen Weg auch noch halten. Hier hält mich nichts mehr, morgen früh gehe ich los.
Ganz früh am Morgen, beim ersten Sonnenlicht sind wir los. Der weg war weit und beschwerlich. Er führte uns quer durch Dun Morogh nach Osten, vorbeian Ironforge immer weiter in Richtung des Gehöfts Bernruh. Weiter im Osten war ich bisher nicht, aber ich würde Rudra Bernruh fragen, wie ich mich am Besten weiter nach Osten durchschlagen könnte.